TREC-Regional in Wintzenheim

In der kleinen Ortschaft Wintzenheim zwischen Straßburg und Saverne trafen sich am Wochenende 19./20. Juni insgesamt 49 Reiter, um je nach Leistungsstand an einem TREC-Wettbewerb der Kategorie Initation, Departemental oder Regional teilzunehmen. 11 Reiter, darunter 5 aus Deutschland, entschieden sich für die schwierigste Variante der Veranstaltung, den TREC-Regional:

Der 32 km lange POR für diese Gruppe war in 7 Etappen eingeteilt, das Tempo lag zwischen 6,5 und 9 km/h. Anhand von 10 Knipsern, wovon einer an einem falschen Weg hing, war zu belegen, dass man die vorgegebene Route strikt eingehalten hatte. Die Höhenunterschiede hielten sich in Grenzen, und auch das Wetter, von einem kräftigen Schauer abgesehen, war als angenehm zu bezeichnen. Einziger Wermutstropfen, die Wege waren zum Teil recht steinig. Zum Ausgleich wurden die Reiter mehrfach mit grandiosen Aussichten erfreut. Ob allerdings die Pferde diese Freude geteilt haben, ist zu bezweifeln.

Ein erster, flüchtiger Blick auf die Karte mit sehr viel weißer Fläche und wenig Wald, ließ vermuten, dass es wohl ein relativ einfacher Ritt in übersichtlichem Gelände werden würde. So ritt man dann am Samstagmorgen im Abstand von 10 Minuten guten Mutes los.

Auf der Straße vom Stall weg sortierte man, wie üblich auf den ersten paar Metern, die letzten Kleinigkeiten für den bevorstehenden Orientierungsritt, man konnte ja beruhigt der Straße den Hang hinauf folgen und sich dabei in Gedanken auf die zu erwartenden Komplikationen einstellen. ........ Aber, schon nach etwa 100 Metern war es passiert - völlig unscheinbar führte hier ein schmaler Naturweg zwischen zwei Häusern hindurch ebenso unbemerkt wieder zur Straße zurück. Auf diesem kleinen Gässchen befand sich dann auch schon der erste Knipser. Das ging ja gut los und ließ Einiges erwarten! Für die Reiter, die unbedarft der Straße folgten, waren damit schon drei Minuten nach dem Start die ersten 50 Punkte verloren.

Kurz danach kamen insbesondere die deutschen Teilnehmer in arge Bedrängnis, als die Strecke quer über eine eingezäunte Weide zu gehen schien, auf der zu allem Überfluß auch noch sechs Pferde grasten. Was jetzt? Die Route führt hier durch, keine Frage. Hin und her vor dem Tor, dann der Versuch, oben herum zu reiten. - Geht nicht, dann vielleicht unten herum, oder?... durch die Herde reiten, NEIN unmöglich!! Solche und ähnliche Gedanken werden den Reitern hier wohl durch den Kopf gegangen sein. Glück hatte, wem zufällig ein Einheimischer vormachte, wie man dieses Problem löst: Nämlich das Tor öffnen, wieder schließen und durchqueren, so einfach ist das. ..."Wir sind hier doch schließlich in Frankreich!" Obwohl es so ganz easy dann doch nicht war, denn die Weidepferde schienen großes Interesse an den ungebetenen Gästen zu haben, beäugten sie mißtrauisch und verfolgten sie aufdringlich.

Diejenigen, die aufgrund der Karte geglaubt hatten, mit der scheinbar offenen Landschaft ein leichtes Spiel zu haben, hatten sich gewaltig getäuscht!
Wintzenheim liegt, ebenso wie auch seine Nachbargemeinden, zu Füßen eines Bergrückens mit mehreren Gipfeln, von denen man rundum die gesamte Landschaft überblicken kann. Auf der einen Seite die oberrheinische Tiefebene bis hin zum Straßburger Münster, auf der anderen Seite hat man eine gute Fernsicht bis hin zu den Vogesen. Dieser Berg muß über Jahrhunderte ein strategischer Punkt von größter Bedeutung gewesen sein, jedenfalls lassen die vielen unbefestigten Wege aus den verschiedensten Epochen darauf schließen, die uns heute ziel- und sinnlos erscheinen und sich wie ein riesiges Spinnennetz über den Bergrücken ziehen. Schon die Römer sollen dort vor über 2000 Jahren Straßen angelegt haben, die sich heute allerdings fünf Meter unter der Erdoberfläche befinden.

Die POR-Route wechselte jetzt fröhlich durch das Wege-Wirrwarr der Jahrhunderte von einem unscheinbaren Pfad auf den anderen kaum wahrnehmbaren. Selbstverständlich wurde je nach Bedarf auch querfeldein geritten. Das Gelände war zum Teil terassenförmig und mit immer wieder gleich aussehenden Buschreihen bewachsen. Häufig mußten sich die Reiter durch nur kniehohe Buschlöcher arbeiten, um nachzuschauen, ob sich dahinter vielleicht ein verborgener Schatz in Form eines TREC-Knipsers befand. Daumendicke Schlingpflanzen legten sich dabei um die Beine der Pferde und auch um den Hals der Reiter, die dadurch entweder recht unsanft ausgebremst wurden, oder aber aufpassen mußten, dass sie nicht stranguliert wurden. Diese "Urwald"-Pfade waren sicher schon seit Jahrzehnten nicht mehr benutzt worden. Unter solch schwierigen Umständen gelang es nur sehr wenigen Reitern, alle geforderten Knipser zu finden.

Am Abend wurden die aufregendsten Geschichten zum Besten gegeben: Von zerrissenen Packtaschen, beschädigten und verlorenen Brillen wurde berichtet, von durchgerissenen Zügeln, verschwundenen Beschlägen und fehlendem Helmüberzug war die Rede. Die geröteten, mit Kratzern, Schrammen und anderen Blessuren versehenen Gesichter der Reiter ließen keinen Zweifel daran, dass sie viel erlebt hatten und auch dieser TREC wieder ein kleines Abenteuer bedeutete.


Mit dazu bei trugen auch die beiden Sonderaufgaben, die den Reitern unterwegs gestellt worden waren, nämlich anhand einer Beschreibung vier verschiedene Punkte aufzusuchen, bzw. anhand von 8 Marschzahlen einen bestimmten Punkt zu erreichen.

Nach reichlich gutem hausgemachten Flammkuchen und anderen Leckereien, übermannte Einen nach dem Anderen die Müdigkeit, und so kehrte auf dem Hof der Familie Stieber relativ früh Ruhe ein.
In französischer Gelassenheit sammelte man sich am nächsten Morgen so gegen 10 Uhr zur Rittigkeitsprüfung:

Maike Elisabeth Ingo Priska Jutta
Die Bahn befand sich auf etwas abschüssigem, mit Gras bewachsenem, hartem Boden, so dass Pferde ohne Stollenbeschlag beim Galopp leicht ins Rutschen kamen und dadurch Fehler machten.

Für den PTV am Nachmittag war eine Zeitvorgabe von 20 Minuten angesetzt worden, die leicht einzuhalten war, da zwischen den Hindernissen zwei lange Wegstrecken lagen, auf denen man ordentlich Tempo machen konnte. Der Parcours enthielt u.a. Tor, Treppe, Baumstamm, Aufsprung und tiefes Wasser. Gräben waren gleich dreimal zu absolvieren, als Pflichttor, im Sattel und an der Hand. Es klingt unglaubwürdig, aber beim lässigen Überqueren eines Grabens an der Hand ist einem Reiter doch tatsächlich das Pferd in den Graben hinein gefallen. Verletzt wurde dabei niemand, so dass dieses Ereignis als lustige Anekdote die Runde machte. Gestartet wurden die Teilnehmer der drei Kategorien im 2-Minuten-Takt, was zu einer rasanten Folge von Reitern führte, und die Richter sich mit ihrer Benotung extrem beeilen mussten. Trotzdem fand man Zeit, den deutschen Reitern zu erklären, wie die Steigbügel bei der Aufgabe "Aufsitzen" in Frankreich zu behandeln sind:

Steigt man vor dem Kreis ab und führt das Pferd hinein, dann müssen die Bügel vorher versorgt werden.
Reitet man allerdings in den Kreis hinein, steigt ab und sofort wieder auf, dann braucht man sich um die Bügel nicht zu kümmern.

Während der gesamten Veranstaltung wurden wir mehr als freundlich behandelt. Viele Elsässer verstehen und sprechen unsere Sprache, und zu unserer Überraschung wurden selbst bei der Siegerehrung ein paar erklärende Worte in deutsch an uns gerichtet. Sieger und Platzierte erhielten eindrucksvolle Pokale, viele Ehren- und Sachpreise wurden verteilt, und als Erinnerung wurde jedem Teilnehmer eine sehr schöne Stallplakette überreicht.
Bei diesem TREC-Regional, der gleichzeitig als elsässische Meisterschaft gewertet wurde, siegte mit Abstand Aimee Drulang vor Christine Zimmer, beide aus dem Elsaß. Den dritten Platz errang Ingo Meyer aus Rheinland-Pfalz, die deutschen Teilnehmerinnen belegten Platz sechs bis neun.