TREC National in Les Eparges, Lorraine
Lothringen und besonders die Umgebung von Verdun ist uns allen aus dem Geschichtsunterricht als entsetzlicher Kriegsschauplatz bekannt, aber kaum jemand weiß, dass es sich hierbei um ein wunderschönes Mittelgebirge mit ausgedehnten Wäldern und idyllischen Flußläufen handelt, ideal für Erholung und vielerlei sportliche Aktivitäten.
In Les Eparges, ca. 50 km westlich von Metz, fand am 24. und 25. April ein TREC der höchsten Klasse, Kategorie National, statt. 30 Teilnehmer der Leistungsklassen Elite bzw. Espoir waren aus allen Teilen Frankreichs angereist, von den Pyrenäen bis zur Normandie, dazu ein Schweizer und ein Deutscher.
Für eine ganz besonders anspruchsvolle POR-Strecke hatte man den best-gefürchteten lothringischen "Traceur", Claude Parisot, bemüht, der seinem Ruf alle Ehre machte. Mit knapp 40 Kilometern war es nicht die Länge, die besonderen Respekt forderte, eher schon die zahlreichen extrem steilen Anstiege und Abrutschen. Ohne Sonderaufgaben, wie Reiten nach Marschzahlen oder Koordinaten, war es ihm durch eine akribisch ausgeklügelte, ideenreiche Streckenführung gelungen, alle, selbst die langjährig erfahrenen Nationalreiter, auszutricksen.
Neben 7 Kontrollpunkten wurde anhand von 4 richtigen und 5 falschen Passagepunkten überwacht, ob man auch jedes noch so unscheinbare Zipfelchen der komplizierten Route wirklich geritten war. Allgemein wurde der POR später anerkennend als "très deficil, très deficil !" bezeichnet. Es hieß, wenn man auch nur einen Moment die Augen von der Karte genommen hätte, dann hätte man schon den Anschluß verpaßt.
Unter diesen Umständen blieb kaum Zeit, die Schönheiten der Landschaft, die sich in ihrem feinsten Frühlingsoutfit präsentierte, wahrzunehmen. Doch selbst dem noch so konzentrierten Reiter blieb eine Besonderheit dieser Landschaft nicht verborgen: Über weite Gebiete erstreckt sich eine eigenartig beklemmend anmutende Kraterlandschaft, die durch unzählige Bombeneinschläge entstanden war. Strahlender Sonnenschein, üppig blühende Obstbäume, Primeln und Veilchen konnten mit all ihrer Pracht nicht darüber hinweg täuschen, dass es sich hier um einen Ort von großer Trauer und Leid handelt.
Später wurde an der Meldestelle der "Ferme du Sonvaux" die Karte mit der Strecke und den 16 eingezeichneten Kontrollpunkten zur Ansicht ausgehängt. Zusätzlich war jeder einzelne Kontroll- und Passagepunkt auf einer Kartenausschnitt-Vergrößerung detailliert abgebildet und ausführlich beschrieben, so dass die Reiter ihre Fehler leicht nachvollziehen konnten. Aufkeimender Unmut und Ärger über die eigene Unzulänglichkeit wurde durch ein überaus reichliches Diner mit mehreren Gängen besänftigt. Bis in den späten Abend saß man an langen, schön gedeckten Tischen in der Remise beieinander, genoß die landestypischen Delikatessen, den Wein und das Beisammensein.
Preisgünstig übernachten konnte, wer wollte, in der Gite eines Nachbarortes. Die 8-Bett-Zimmer waren zwar spartanisch eingerichtet, der Sanitärbereich dafür aber großzügig und sauber. Auch für Frühstück war gesorgt.
Der nächste Tag begann, wie üblich bei TREC-Veranstaltungen, recht früh am Morgen. Sonnenschein und leicht aufsteigende Nebelschleier über den feuchten Auwiesen waren Vorboten eines wunderschönen Frühlingstages.
Doch wo waren die Pferde, die abends hier nach einem anstrengenden POR-Ritt friedlich grasten? - Und wo ihre Paddocks? Es sah aus, als hätte hier über Nacht ein Wirbelsturm gewütet: Elektrosticken waren zerbrochen, Weidezaungeräte lagen planlos in der Gegend herum, Zaunlitze war mitsamt Rollen mehrere hundert Meter durch die Gegend geschleift und als Knäuel zurückgelassen worden. - Hier hatte offenbar in deutsch-französischer Allianz eine Befreiungsaktion stattgefunden. Ein winziger blauer Punkt am Horizont, "hat unsere Pferdedecke nicht solche Farbe?", verriet schließlich die Ausreißer. Einträchtig standen sie schlummernd beieinander und genossen den herrlichen Morgen in Freiheit.
Nach der obligatorischen Veterinäruntersuchung hieß es dann schon bald, fertigmachen zur Rittigkeitsprüfung. Die Beschaffenheit der vorgegebenen Bahn in doppelter S-Form war für manchen Teilnehmer eine neue, erstaunliche Variante: Auf einem gewölbten Feldweg, der in der Mitte mit altem Kopfsteinpflaster befestigt war, sollte nicht etwa auf dem ebenen, weichen Randstreifen geritten werden, sondern oben auf den holprigen Feldsteinen. Unter diesen Bedingungen keinen Gangartenfehler zu machen, galt wahrscheinlich als eine besondere Herausforderung und dem erhöhten Schwierigkeitsgrad eines TREC-National angemessen.
Nach dieser heiklen Aufgabe war es erst einmal an der Zeit, sich zu einem mehrgängigen Mittags-Buffet zusammen zu setzen.
Für den PTV-Parcours zeichnete Norbert Weber verantwortlich, der als aktiver Reiter aus eigener Erfahrung gut nachvollziehen konnte, was Pferden und Reitern Probleme machen könnte. Ihm ist es gelungen, einen besonders niveauvollen PTV zu gestalten. Zu jedem der 18 Hindernisse hatte er sich etwas Kompliziertes ausgedacht, so dass auch diese Teilprüfung eine echte Herausforderung wurde. Die "hängenden Äste" befanden sich z.B. auf gebogener Linie und waren nur über ein Geröllfeld zu erreichen. Hecke und Baumstamm waren im Höchstmaß und optisch sehr eindrucksvoll gebaut worden. Erschwerend hinzu kam, dass nur wenig Raum zum Anreiten blieb.
Auch die Baumstamm-Zweier-Kombination war so gestellt, dass sie eine durchdachte Linienführung erforderte. Ein besonders schwieriger Graben setzte den Mut von Pferden und Reitern gleichermaßen voraus. Selbst die Gasse hatte ihre Tücken. Sie war hinter einer kleinen Geländeerhebung angebracht, so dass man in den Einritt hinein springen mußte. Vor dem 1,10 m Tiefsprung war als Erschwernis mit geringem Abstand ein Baumstamm zu überwinden.
Zu einem weiteren Schwierigkeitsgrad dieses an sich schon anspruchsvollen Parcours muß das Umfeld gezählt werden. Neben vielen Zuschauern mit Kindern, Hunden und Fahrrädern, die sich ungeniert auf dem Parcours bewegten, belebten auch noch schwarze Wollschweine, ein mit Schellen geschmücktes Eselgespann, lauthals Respekt fordernde Mini-Hengste und Pferde in landwirtschaftlicher Anspannung die Szene.
Die höchste Gesamtpunktzahl bei diesem TREC-National erreichte die junge Französin ......... , gefolgt von Veronique Walter aus dem Elsaß. Lisbeth Lumpp aus der Normandie errang Platz 4 und Ingo Meyer, der Gast aus Deutschland, Platz 7.