Zeitgleich zu den Weltreiterspielen in Jerrez fand Luftlinie 50 km entfernt in El Rocio die Weltmeisterschaft im Wanderreiten statt.
El Rocio liegt in dem Nationalpark Donana und ist in Europa wahrscheinlich einzigartig. Ein Pferdedorf durch und durch, bekannt durch Spaniens grösste Pferdewallfahrt, zu der an Pfingsten ca. 2 Millionen Menschen mit ca. 50.000 Pferden zu der Kirche "Unsere liebe Frau zu El Rocio" pilgern.
In El Rocio – einem einer Westernstadt ähnelndem Dorf mit kleinen weissen Häusern und ausschliesslich Sandstraßen – sind Pferde im Leben voll integriert. Man geht zu Pferd oder Kutsche essen, zu Freunden oder in die Kneipe, jedes Haus hat vorne Anbindemöglichkeiten und hinten Stallungen. Pferde haben in El Rocio Vorfahrt und es ist – für uns unvertraut – in El Rocio normal, dass eben der Vierspänner im Galopp um die eine Ecke kommt und der Reisebus um die andere.
Während es die Tage vor der Meisterschaft ständig wärmer wurde (bis auf ca. 33 Grad) hatte der freundliche Wettergott am Samstag den 14.9.02 ein Einsehen und bescherte mit bedecktem Himmel und freundlichen 24 Grad optimales Wetter für die 50 km lange Orientierung. Die ausgesprochen anspruchsvolle Strecke wurde nach einer Militärkarte geritten, in der Wälder nicht farblich sondern mit Buchstaben gekennzeichnet waren (z.B. Eu für Eucalyptus, MB für Monte bajo = Niedrigwald u.ä.). Dieses machte die Orientierung (POR) sehr schwierig. Dazu kam noch die - in der Donana typisch - sich sehr ähnelnden Landschaft, keine Höhenunterschiede, langen Sandwegen, ausgetrockneten Bach- und Flussläufen und die fast 8 km lange Stecke, die ausschließlich nach Kompass mit Marschzahl geritten werden musste. So zog sich das Starterfeld bereits nach dem Samstag deutlich auseinander (bis auf 174 Minuspunkte). Von den in dieser Prüfung erreichbaren 240 Punkten, erzielte Tristán Gratient (Frankreich) 212 Punkte und bestätigte damit zum einen den Führungsanspruch und legte damit auch den Grundstein für seinen Weltmeistertitel. Auch Platz 2 ging an Frankreich (184 Punkte für Jean de Chatillon), auf Platz 3 kam der Österreicher Gerhard Almer. Für Deutschland erzielte das beste Ergebnis mit Platz 11 Antje Bloch (139 Punkte).
Der Sonntag begann mit der Rittigkeitsprüfung (MA). Hier dominierten die Österreicher: Fritz Kriechbaumer und Karl Gruber teilten sich mit jeweils 58 Punkten den 1.Platz, 3. wurde Joseph Bosco (Belgien) mit 55 Punkte. Beste Deutsche war hier Mari Pohlenz mit Platz 14 (45 Punkte).
Die 3,5 km Geländestrecke (PTV) mit 16 Hindernissen hatte es ebenfalls in sich. Die Sprünge (Baumstamm 1,10m, Aufsprung 1,10m, Hecke 1,10m und Absprung 1,30 m, Graben 1,40 m) waren auf Endmaß gebaut. Die Auf- und Absprünge waren auf den flachen Sandplatz gebaute Rampen, für Pferdeaugen nicht sonderlich einladend. So gab es auch einige Stürze an den Aufsprüngen und am Graben, die aber ohne Folgen blieben. Schön und liebevoll gebaut dagegen waren, die Treppe mit 18 Stufen, die Brücke, der Wasserdurchritt und die anderen Hindernisse. Für die Strecke können max. 160 Punkte erreicht werden (pro Hinderniss max 10). Wie am Samstag bereits zog sich auch hier das Starterfeld deutlich auseinander (von 154 bis 30 Punkte und 4 Disqualifikationen). Den ersten Platz erreichte mit 154 Punkten Ken Poste Frankreich, vor Carlos Bosch Cebrián Spanien (146 Punkte). Den 3 Platz teilte sich Beatrix Mahlke Deutschland mit 144 Punkten mit Marc Couffin Frankreich und erzielte somit das beste Einzelergebniss für Deutschland.
Bei dieser von den Andalusiern wirklich hervorragend und liebevoll organisierten WM bestätigte sich anhaltende Trend der seit Jahren führenden Franzosen. In der Gesamtwertung über alle 3 Disziplinen holte sich Frankreich sowohl den Weltmeistertitel in der Einzelwertung (Tristán Gratient) als auch in der Mannschaftswertung,sowie den 3.Platz in der Einzelwertung (Ken Poste).
Österreich holte 2 x Silber, ebenfalls sowohl in Mannschaftswertung als in Einzelwertung: Vizeweltmeister ist Fritz Kriechbaumer.
In der Mannschaftswertung holte sich Spanien die Bronzemedaille.
Deutschland (Caroline Mahlke, Marie Pohlenz, Antje Bloch und Birgit Schuster) belegte in der Mannschaftswertung den 5. Platz.
In der Einzelwertung belegte Caroline Mahlke zusammen mit Mari Pohlenz Platz 16, Antje Bloch Platz 27, Beatrix Mahlke Platz 29, Birgit Schuster wurde 30. und Florian Mahlke 39.
Gewonnen haben die deutschen Reiter auf jeden Fall aber als die Nation, mit besten Zusammenhalt und dem besten Fanclub. Unerschütterlich ausharrend wurden nach der Orientierung aller Reiter im Zieleinlauf bejubelt und bewirtet.