Orientierungsreiten
WM Orientierungsreiten
Platz vier für deutsches Team
Lamotte-Beuvron/FRA (fn-press). Lange haben sie auf Medaillenkurs gelegen, am Ende hieß es Platz vier für die deutschen Mannschaft bei den Weltmeisterschaften im Orientierungsreiten, die am dritten Septemberwochenende im französischen Lamotte-Beuvron ausgetragen wurden. Bettina Klingmüller (Ofterdingen) sowie Caroline, Beatrix und Florian Mahlke aus Schramberg-Mössingen erreichten insgesamt 865 Punkte. Der Sieg ging mit 1.145 Punkten wie gewohnt an Frankreich. Über Platz zwei freute sich die Schweiz (1058 Punkte). Bronze verteidigte Österreich (956 Punkte), das von einem Fehler des deutschen Teams in der letzten Teilprüfung profitierte.
In der Einzelwertung gab es eine Überraschung. Anders als in den Vorjahren stand kein Franzose, sondern ein Schweizer in der WM-Einzelwertung auf dem Treppchen: Ives Bula siegte mit Wind de l'Essert (415 Punkten) vor den Französinnen Lisbeth Lump mit Kajou (412 Punkte) und Marie Hélène Dupuy mit Efendi de Georgis (393 Punkte). Eine besondere Bedeutung hat die Leistung des neuen Weltmeisters der "TREC-Szene" noch aus einem anderen Grund: Ives Bula ist taubstumm. Beste deutsche Teilnehmerin war Bettina Klingmüller mit Barlo auf dem 13. Platz (328). Caroline Mahlke belegte mit Chris JH den 23. Platz (291), Beatrix Mahlke beendete die WM mit Jarrito auf Rang 32. (246).
Die imponierende Anlage der französischen Pferdesport-Föderation war Schauplatz der Weltmeisterschaften: Neben den seit Jahren etablierten Ländern Frankreich, Italien, Schweiz, Spanien, Belgien, Österreich, Deutschland, Großbritannien, Kanada und Portugal hatten sich auch Teams aus Island und den Niederlanden eingefunden sowie Einzelreiter aus Algerien und Bulgarien. Damit waren 14 Nationen bei der WM vertreten.
Kernstück der WM, eines kombinierten Wettbewerbs mit drei Teilprüfungen, ist regelmäßig der Orientierungsritt. Doch bevor es auf die Strecke geht, muss jeder Reiter die Wegestrecke selbst von der sogenannten "Master-Karte" in eine eigene Karte übertragen. Das erfordert Präzision und Genauigkeit, denn es gilt alle Ecken und Winkel höchst präzise einzuzeichnen. Schließlich muss jeder anschließend nach "seiner" Karte reiten. Ob das gelang, wird durch Kontrollpunkte überprüft, deren Lage den Reitern natürlich nicht bekannt ist. An jedem Kontrollpunkt gibt es Minuspunkte, wenn jemand nicht genau auf der Strecke war und diesen verpasste. Das ist aber noch nicht alles. Der Reiter muss Tempovorgaben beachten. Jede Minute, die am Kontrollpunkt vor oder nach der Idealzeit notiert wird, schlägt ebenfalls mit Minuspunkten zu Buche.
Die gut 36 Kilometer lange Strecke führte durch naturnahe wald- und wildreiche Gebiete, mit dem für viele Wälder Frankreichs typischen rasterförmigen Wegesystem. Erschwert wurde die Orientierung dennoch, da sich manche Wege in der Natur nicht aber in der Karte finden lassen und andere, in der Karte eingezeichnete Wege oder Strukturen, längst zugewachsen, also nicht oder kaum mehr auszumachen sind. Da hieß es, Schritte zählen, denn nur so ließ sich einigermaßen sicher verfolgen, wo man gerade war und welcher Abzweig eingeschlagen werden musste.
In der Teilprüfung Orientierungsritt legte Ives Bula mit sehr guten 227 von insgesamt 240 erreichbaren Punkten die Grundlage für seinen späteren Gesamtsieg. Auch die beiden französischen Medaillengewinnerinnen nahmen schon hier Kurs auf Edelmetall: Marie Hélène Dupuy (225) beendete den Orientierungsritt auf Platz zwei vor Lisbeth Lump (216).
Auf den Orientierungsritt folgte die zweite Teilprüfung - die Rittigkeitsprüfung. "Anders als bei den im klassischen Turniersport üblichen Varianten geht es hier tatsächlich um das ‚Beherrschen der Gangarten', der ‚Maîtrise des Allures' (MA)", erklärte Gerlinde Hoffmann, die das Orientierungsreiten bei der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) als Leiterin der Abteilung Pferdehaltung und Umwelt betreut und in Frankreich vor Ort war. Bei der Rittigkeitsprüfung müssen 150 Meter geradeaus so schnell wie möglich im Schritt und so langsam wie möglich im Galopp zurückgelegt werden. In dieser Teilprüfung, in der maximal 60 Punkte erreichbar sind, mischte sich der Österreicher Karl Gruber auf Daisy (59 Punkte, Platz 2) zwischen die Franzosen Gaëlle Cadoret mit Jeirlann du Pibeste (60 Punkte, Platz 1) und Vincent Rota-Rossbach mit Graffiti (58 Punkte, Platz 3).
Abschließende Teilprüfung im Orientierungsreiten ist der Geländeritt mit Naturhindernissen und Geschicklichkeitsaufgaben. Dabei kann der Veranstalter aus einer Sammlung von 30 standardisierten Vorschlägen 16 Aufgaben auswählen - dazu gehören Sprünge wie Baumstamm, Hecke, Aufsprung ebenso wie Geschicklichkeitsanforderungen wie zum Beispiel Gang, rückwärts Richten, bergauf und bergab Führen/Reiten, Furt, Slalom. "Das Vielseitigkeitsgelände des ‚Parc Equestre' (Pferdesportpark) bot ideale Bedingungen bei allerbestem Wetter. Die Voraussetzungen wurden dadurch noch betont, dass ein größerer Teil des Geländes vom zentralen Hügel inmitten der Anlage überblickt werden konnte", berichtete Gerlinde Hoffmann. Auch der Geländeritt sah, wie bei dem Gesamtergebnis nicht anders zu erwarten, vor allem französische Teilnehmer vorn. Von den insgesamt 160 möglichen Punkten erreichten Lisbeth Lump und Sophie Gauthier jeweils 143 und Anne Vanara 141 Punkte. Aber schon auf Platz vier folgte Ives Bula mit 139 Punkten, der damit am Ende die Gesamtkonkurrenz knapp für sich entschied.
Das nächste Championat der Erwachsenen findet 2010 statt. Dann richtet Österreich vom 3. bis 5. September in St. Stefan, ob Leoben, in der Steiermark die Europameisterschaften aus.
Gerlinde Hoffmann/Bo